Hallo liebe Freunde,
wir sind ja heute alle beieinander, weil ich ein halbes Jahrhundert voll gemacht habe. Da ist es Zeit, mal ein bísschen zurückzublicken auf diese Jahre.
Zunächst denke ich, es gibt gute und schlechte Nachrichten. Die gute ist, mir scheint, dass die Welt nicht wirklich schlechter geworden ist im Ganzen - die schlechte ist, wahrscheinlich ist sie auch nicht viel besser geworden.
Ein bisschen besser gemacht hat die Welt dabei, glaube ich, das Beste, was ich bisher in meinem Leben zustande bekommen habe: Meine beiden wunderbaren Kinder Theresa und Luise - und diese beiden haben jetzt vorgeschlagen, doch ein bißchen Musik zu machen während unseres Sommerfests - nun, wir wollen sehen, was sich machen lässt.
Da nun aber die Welt ständig im Wandel ist, hat uns Ute vorgeschlagen, doch ein paar Stücke aus diesen fünf Jahrzehnten zu spielen, die ich bisher verlebt habe.
Nun gut, wie ging es los? Meine ersten musikalischen Erinnerungen spielen um die Stücke, die mein Vater auf der „Ziehorgel“ gespielt hat, und meine großen Schwestern haben natürlich das gehört, was damals modern war, Rock 'nRoll, RnB und natürich die Beatles.
Überhaupt Schwestern, Frauen - wurden langsam emanzipiert, und sagten dann auch schon mal: Mach Dich vom Acker, Hannes, oder auf Amerikanisch besser: Hit the road, Jack
Meine lieben Schwestern haben dann aus ihrem Englandurlaub (Schüleraustausch) die Platte „Lazy sunday afternoon“ von den Small Faces mit und ich habe geschenkt bekommen - Lola von den Kinks. Meine erste Platte! Was ein Aufwand, die zu hören - Vater mußte weg sein, Mutter möglichst auch, Plattenspieler frei, Schwestern nicht im Weg usw. Von den Menschen, die ich damals schon gekannt habe, ist meine Schwester Margret da, mit ihrem Mann Rainer und zwei Ihrer Söhne, Michael und Steffen.
Beides spielen wir hier nicht, kriegen wir nicht hin. Man muss ja seine Grenzen kennen!
Aber dann kam Susanne. Zweifach, einmal in Persona und dann als Lied. Und das kam so: Meine Eltern hatten die Gewohnheit, regelmäßig die 50 km nach Kirchheim zu fahren und Großmutter sowie Onkels und Tanten zu besuchen. Bei der Gelegenheit ging's dann zum Frisör - ich bekam mein „Kügele“, also Stoppelhaare wie ich sie heute noch oft habe. Und die Tochter vom Frisör hieß Susanne - und gefiel mir ausnehmend gut… nur dass ich halt erst 7 oder 8 war und sie vielleicht 13 oder 14, unerreichbar jedenfalls.
Das mag aber der Grund sein, dass mir „Suzanne“ von Leonard Cohen, das mir in dieser Zeit zum ersten Mal zu Ohren kam, rasch zu meinem Lieblingslied wurde - ohne dass ich irgendwas verstanden hätte außer halt „Suzanne“.
Gebt zu, Euch geht es genauso. Wie der weiße Neger Wumbaba, oder die Feinddemokraten. Mein Freund Günter Wöhrle hat in den 90ern mal gemeint, „also man weiß ja nicht, was der Cohen da wohl geraucht hat bei seinen Texten, aber es muss guter Stoff dabei gewesen sein“. Bevor wir loslegen, hier die Übersetzung:
Suzanne nimmt Dich mit
an Ihren Platz am Fluss
Du kannst die Boote vorbeifahren hören,
Du kannst eine Nacht mit Ihr verbringen
Und Du weißt, sie ist halb verrückt,
aber deswegen bist Du ja hier
und Sie bietet Dir Tee und Orangen an,
die den ganzen Weg aus China hergekommen sind,
und grad als Du ihr sagen willst,
dass Du Ihr keine Liebe zu geben hast,
bringt Sie dich auf ihre Wellenlänge
und sie läßt den Fluss antworten,
dass Du schon immer ihr Liebhaber warst.
Und Du möchtest mit Ihr reisen,
und Du möchtest es blindlings,
und Du weißt, Sie wird Dir vertrauen,
da Du ihren makellosen Körper
mit Deinem Geist berührt hast.
Und Jesus war Seemann,
als er über das Wasser ging
und er er schaute lange Zeit
von seinem einsamen hölzernen Turm
und als ihm klar wurde,
dass nur Ertrinkende ihn hören können
Sprach er „Alle Menschen werden Seeleute sein
bis das Meer sie erlöst“
Doch er selbst war ein gebrochener Mann
lange bevor sich der Himmel für ihn öffnete
Verlassen, fast wie einer von uns
Versank er in Deiner Weisheit wie ein Stein
Und Du möchtest mit Ihm reisen,
und Du möchtest es blindlings,
und Du weißt, Du kannst ihm vertrauen
da er Deinen makellosen Körper
mit seinem Geist berührt hat.
Nun nimmt Suzanne Deine Hand
und Sie führt Dich an den Fluss
Sie trägt Lumpen und Federschmuck
von den Schaltern der Heilsarmee
und die Sonne ergießt sich honigfarben
auf unsere Dame des Hafens
Und Sie zeigt Dir, wo du nachseh'n musst
zwischen dem Schutt und den Blumen
da sind Helden im Seegras
da sind Kinder am Morgen
sie strecken sich nach Liebe
und Sie werden sich immer so strecken
während Suzanne den Spiegel (vor)hält
Und Du möchtest mit Ihr reisen,
und Du möchtest es blindlings,
und Du weißt, Du kannst Ihr vertrauen,
da sie Deinen makellosen Körper
mit ihrem Geist berührt hat.
Im Lied heißt es „while Suzanne holds the mirror“, ich habe aber früher „while Suzanne pours the mirror“ verstanden. Das hätte geheißen, während Suzanne den Spiegel umrührt. Gewundert hätt mich das nicht…
Wir waren also mitten in der 68er-Zeit, und aus dieser Zeit gibt es ein schönes Buch - ich kann es jedem gleichaltrigen nur empfehlen - von Thommy Bayer (ja, das ist der mit diesem Lied:
Das führt aber jetzt zu weit, wenn Ihr Lust habt, machen wir das später am Lagerfeuer.
Jedenfalls hat dieser Thommy Bayer ein Buch geschrieben, das heißt „Das Herz ist eine miese Gegend“. Dort gibt es eine wunderbare Stelle, wo im Englischunterricht der Text des Liedes „As tears go by“ von den Stones übersetzt wird - Vorschläge sind dann:
Macht Euch selbst ein Bild…
Dann kam die Schulzeit, und auch aus dieser Zeit sind Freunde da, die ich seither nicht aus den Augen verloren habe: meine Schulfreunde, Andreas mit seiner Frau Jeannette und Michael und seine Frau Sibylle.
Ich wurde etwas älter, und das schwache Geschlecht übte starken Einfluss aus. Auch wenn es damit noch nicht soo weit her war…
Man wurde erwachsen, die Zeit zuhause ging zu Ende, und die Studentenzeit begann. Zwar war ich flott mit Nachwuchs zugange, so dass die Ausschweifungen sich in Grenzen hielten - aber ab und zu ein Waldfest oder so, das ging schon. Auch mit Klein-Luise!
Aus dieser Zeit - z. B. dem Zivildienst-Grundkurs - sind auch Freunde da, der Imker Bruno mit seiner Frau Nina.
Es war die Zeit der Friedensbewegung, und das klang dann so:
Ja, und dann kamen die ersten Kinder, mit denen ich heute hier stehe, und auch die Kinder meiner Schwester, die ich ja schon erwähnt hatte.
Die Studienzeit ging zu Ende, das „ganz normale“ Arbeitsleben begann. Wir bauten, dann kam die Wende, und wir zogen nach Sachsen, mit Sack und Pack und Kindern. Aus diesem Abschnitt ist mir noch ein Bild in Erinnerung: Luise mit vielleicht zehn Jahren, wir gingen nach Chemnitz ins Konzert, und schwupp - war das Kind verschwunden (wenn das die Mutter gewusst hätte!) und tauchte keine zwei Minuten später direkt vor der Bühne an der Monitorbox des Sängers auf. Die Band hieß Keimzeit, und was sie sang, klang ungefähr so:
In den 90ern kam dann auch eine neue Liebe in mein Leben, und Therry hat ein schönes Lied für einen „Lover“ für uns vorbereitet:
Aus dieser Zeit sind viele hier, Johannes und Inge, Ingo mit Anne, Till-Jonas und Lukas, Astrid mit Graham, Thomas und Marita, Ulli und Barbara, Stefan und Angelika mit Jasper, Jutta und Peter, Susanne und Dirk - ich hoffe ich habe keinen vergessen?
Dann habe ich in den 90ern auch einen meiner größten Kindheitsträume erfüllt. Unter meinen Lieblingsbüchern fanden sich eins über einen Segelflieger (ich hab's noch irgendwo), und ein dicker Wälzer - ohne EInband, sehr zerfleddert, weil viel gelesen - aber mit einem Vorwort von Ernst Udet… - über die Entwicklung der Fliegerei. Und heute kann ich das selbst, ist das nicht wunderbar?
Auch aus dieser Zeit ist einer da, der mich mit auf die Idee gebracht hatte, nämlich Utes Bruder Ralf, der selbst Segelflieger ist, und natürlich Utes Verwandschaft aus Oppenwehe, die mich immer mit offenen Armen empfangen hat: Gudrun und Ecki, Christiane und Robert, Helga, noch wer?
Wir wollten „über den Wolken“ spielen, bzw. ich wollte es, aber meine Kinder machen nicht mit. Als Fluglotsin ist das Therry wohl zu langweilig?
Im neuen Jahrtausend wurde mein Freundeskreis noch mehr erweitert, viele sind heute hier, z. B. Birgit und Thomas Wagner, die phantastische Nachbarschaft im Sonnenweg - Peter, Marion, Rudi und Irma, Irmgard und Klaus, Thomas und Sabine, Gerda, Ingrid und auch Tante Ulla.
Im neuen Jahrtausend schließlich haben Ute und ich dann geheiratet - und meine beiden haben ein wunderschönes Lied gedichtet, das wir heute als „Revival“ aufführen wollen:
Es sind heute viele Freunde hier, die ich in dieser Zeit kennengelernt habe, über Stimmbande, Musikverein, Utes Schule usw: Gabi und Klaus, Beate und Franz-Josef, Winni und Walter - die weiteste Anreise aus der Gegend von Salzburg! - Oliver und Kerstin, Tobias und Agatha, Marethe, Peter und Katrin, Willi und Inge, Jochen, Dieter und Margot, Gabi und ihr Mann, ich hab bestimmt jemand vergessen - nehmt's mir nicht übel!
Nun haben wir noch ein Lied, das meinen beiden Kindern sehr gut gefällt und somit den Weg in unser Programm gefunden hat. Es heißt „Boa Sorte“, und ist eigentlich ein Abschiedslied - also mehr so im Sinne von „Mach's gut“ - und sieh zu, dass Du Land gewinnst…
Für meine Kinder muss ich da jetzt in die Fußstapfen von Ben Harper treten, was mir gar nicht so recht bekommen wollte - daher beschränke ich mich auf das, was ich einigermaßen kann, und spiele ein wenig Bass dazu…
Im aktuellen Jahrzehnt haben wir noch neue Nachbarn aus der neuen Siedlung bekommen, dvon denen auch einige da sind: Frank, Frank und Fatima, Michaela und Torsten, Sarah und Johan… und Veronika sowie Anne und Georg aus der Salsa-Truppe.
In den letzten Jahren haben wir dann noch angefangen, Salsa zu tanzen. Und wenn man schon dabei ist, habe ich neulich einen kleinen Salsa für Ute komponiert. Und der geht ungefähr so:
Zuletzt noch ein maghrebinisches Lied, das passt gut zu Luises derzeitigen Präferenzen. Es heißt „tout ce temps“, und der Refrain bedeutet: „In all der Zeit habe ich mir mein kindliches Herz bewahren können“.
Ich kenne den Maghreb nicht, auch Luises große Liebe nicht, die heute leider nicht kommen kann, da er kein Visum bekommen hat. Ich kann mir aber denken, dass man auch an dieser Gegend der Welt vieles lieben kann. Wie ja überhaupt die Welt so vielschichtig ist, und jedes Land dieser Welt es wert ist, geliebt zu werden. Viele von uns kennen zum Beispiel liebenswerte Amerikaner, trotz ihrer geradezu furchterregend gewaltbereiten Führungsclique. Und ich selbst will ja auch nicht im Ausland mit Leuten wie Olaf Henkel, Frau Merkel oder wer sonst im Ausland als Deutscher bekannt ist, in einen Topf geworfen werden.
Freuen wir uns darüber, dass die Welt bunt ist. Lernen wir, dass wir die hässlichen braunen und grauen Flecken bekämpfen müssen und nicht das ganze Bild!